Octocrylen-haltige Sonnencremes – zur Sicherheit vermeiden!
Sonnenlicht besteht aus energiereicher ultravioletter (UV) Strahlung. Diese wird von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als krebserregend (karzinogen) für den Menschen eingestuft und gilt als hoher Risikofaktor für Hautkrebs, weshalb wir uns davor schützen müssen. Dies wird umso wichtiger, wenn die Tage lang und sonnig sind und wir unsere Zeit im Schwimmbad, auf den Bergen oder am Strand verbringen.
Sonnencremes sind ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Sonnenschutzes, da sie die Haut vor schädlicher UV-Strahlung schützen. Sie können aus organischen (chemische) UV-Filtern bestehen, die die UV-Strahlen absorbieren und in Wärme umwandeln, um die Haut vor Schäden zu schützen. Aber auch anorganische (physikalische) UV-Filter werden eingesetzt, welche die UV-Strahlen reflektieren oder streuen und die Haut dadurch effektiv vor Sonnenbrand schützen.
Neuere Studien mit organischen UV-Filtern zeigen, dass diese nicht auf der Haut verbleiben, sondern teils in hohen Konzentrationen ins Blut gelangen, weshalb es wichtig ist, dass sie gesundheitlich unbedenklich sind.
Ein bisher häufig verwendeter UV-Filter ist Octocrylen. Octocrylen ist ein organischer UV-Filter, der nicht nur in Sonnencremes, sondern auch anderen kosmetischen Produkten verwendet wird.
Durch seine chemische Struktur ist Octocrylen in der Lage UV-Strahlung zu absorbieren und verhindert somit, dass die schädlichen Strahlen in die Haut eindringen und dort Zellschäden verursachen können. Aufgrund seiner lipophilen (fettlöslichen) Eigenschaften ist Octocrylen gut in kosmetischen Formulierungen löslich und trägt zudem zur Wasserfestigkeit von Sonnencremes bei. Darüber hinaus wird es oft als Stabilisator für andere UV-Filter, wie z.B. Avobenzon, verwendet, um deren photochemische Stabilität zu erhöhen. Verschiedene in vivo Studien deuten auf hormonwirksame (endokrine) Eigenschaften von Octocyrylen hin. Ausgehend davon hat das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS) der Europäischen Union 2021 geprüft, ob eine endokrine Gefährdungslage durch Octocrylen aus kosmetischen Produkten vorliegt und kam zu dem Schluss, dass Octocrylengehalte bis zu 10 % sicher sind. Gleiches gilt für mögliche kontaktallergische Eigenschaften, die in Einzelfällen auftraten. Auch hier bewertet das SCCS Gehalte von bis zu 10 % als unbedenklich.
Jedoch haben Stabilitätsstudien gezeigt, dass das in kosmetischen Produkten enthaltene Octocrylen bei längerer Lagerung durch hydrolytische Zersetzung zu Benzophenon zerfallen kann. Benzophenon ist toxikologisch bedenklich. Direkter Hautkontakt kann zu Ausschlägen, Entzündungen oder Überempfindlichkeiten führen. Aus Tierstudien ist bekannt, dass Bezophenon ebenfalls endokrin aktiv ist und Schilddrüse und Fortpflanzungsorgane beeinflusst. Zudem verursachte orale Aufnahme von Benzophenon in verschiedenen Tierstudien Leberkrebs oder Lymphome.
Bisher gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass direkter Hautkontakt mit Benzophenon beim Menschen krebserregend ist. Aufgrund der begrenzten Datenlage wird Benzophenon international als "möglicherweise krebserzeugend" eingestuft. In der EU ist Benzophenon, das in der Vergangenheit ebenfalls in kosmetischen Produkten als Konservierungsmittel eingesetzt wurde, seit November 2023 verboten. Neue Sonnenschutzprodukte sind also frei von Benzophenon. Um darüber hinaus unwissentlich einen möglichen Kontakt mit Benzophenon als Abbauprodukt einer zu lange gelagerten Octocrylen-haltigen Sonnencreme zu vermeiden, sollten diese am Ende der Saison am besten entsorgt werden. Aus ökotoxikologischer Verantwortung empfiehlt es sich, ganz auf Octocrylen-haltige Sonnenschutzprodukte zu verzichten und auf alternative, anorganische UV-Filter zurückzugreifen.
Sträflich wäre es jedoch, ganz auf Sonnencreme zu verzichten, da die Gefahr von Hautkrebs durch ungeschützten Kontakt mit der Haut um ein Vielfaches größer ist..
Text: Ute Haßmann
Foto von Kateryna Hliznitsova auf Unsplash
Links:
- Benzophenone Accumulates over Time from the Degradation of Octocrylene in Commercial Sunscreen Products, Chemical Research in Toxicology, Vol 34/Issue 4 | https://pubs.acs.org/doi/...
- Matta MK et al. Effect of Sunscreen Application on Plasma Concentration of Sunscreen Active Ingredients. JAMA 2020, doi.org/10.1001/jama.2019.20747
- Opinion of the Scientific Committee on Consumer Safety on Octocrylene | europa.eu
- Sunscreen Pollution Analysis in Jellyfish Lake | coralreefpalau.org
- Ecotoxicological evaluation of the UV-filter octocrylene (OC) in embryonic zebrafish (Danio rerio): Developmental, biochemical and cellular biomarkers | sciencedirect.com
Octocrylen als Gift des Monats August zu küren…
…wurde in Absprache mit der Leiterin des Arbeitskreises Mischungstoxizität der GT, Dr. Denise Bloch (BfR) getroffen. In Mischungen können sich Substanzen in ihrer Giftigkeit beeinflussen und damit abschwächen oder verstärken. Der Arbeitskreis diskutiert Mechanismen der Mischungstoxizität, experimentelle Modelle und Testsysteme, Methoden der Expositionsabschätzung gegenüber Alltagsmischungen und Strategien, wie man diese bewerten kann. Der Arbeitskreis dient Mischungsexpertinnen und -experten von Universitäten, regulatorischen Behörden und der Industrie als Diskussionsplattform und fördert die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Fachdisziplinen.
In den letzten Jahren stieg die Unsicherheit vieler Verbraucher hinsichtlich der Sicherheit von Sonnenschutzprodukten. Ziel des Artikels ist es, über einen kritischen organischen UV-Filter zu informieren, gleichzeitig aber den Nutzen bzw. die Notwendigkeit von Sonnenschutzmitteln für einen effektiven Schutz vor gesundheitsschädlicher UV-Strahlung zu unterstreichen.
Octocrylen
Chemisch gesehen handelt es sich bei Octocrylen um einen Ester, der aus der Veresterung von 2-Ethylhexanol und 2-Cyano-3,3-diphenylacrylsäure (Octocrylsäure) entsteht. Somit besteht Octocrylen aus einem Acrylatgerüst (eine ungesättigte Carbonsäure) mit einer Cyano-Gruppe (–C≡N) und zwei Phenylringen (aromatische Ringe) an der α-Position. An der anderen Seite des Acrylatgerüsts ist ein 2-Ethylhexylester angehängt. Die Kombination der Phenylringe und der Cyano-Gruppe verleiht Octocrylen die Fähigkeit, UV-Strahlen zu absorbieren, insbesondere im Bereich der UV-B-Strahlung (280–320 nm) und teilweise im UV-A-Bereich (320–400 nm).
Der Inhaltsstoff Octocrylen verbirgt sich auch hinter den folgenden Hadelsnamen: Octocrilene, 2-Cyano-3,3-diphenylacrylat, 2-Ethylhexyl 2-cyano-3,3-diphenylacrylate, 2-Ethylhexyl-2-cyano-3,3-diphenylacrylat, Eusolex OCR, Uvinul N-539 und Parsol 340.
Lagerungsstabilitätsstudien
dienen dazu, ein Produkt definierten Laborbedingungen so auszusetzen, dass der Alterungsprozess des Produktes unter, für das Produkt vorgesehenen Lagerungs-bedingungen abgebildet werden kann und dadurch Rückschlüsse auf die Haltbarkeit gemacht werden können. In den erwähnten Studien für Octocrylen wurden die Bedingungen so gewählt, dass die Stabilität nach einjähriger Lagerung bei Raumtemperatur abgebildet wurde. Die Studien zeigten dabei, nicht nur den Abbau von Octorylen zu Bezophenon über die Zeit, sondern auch, dass die Menge an entstehendem Benzophenon weniger von der Konzentration an Octocrylen abhängt, sondern von der Zusammensetzung des Produkts. Dies macht eine genaue Vorhersage über den Benzophenongehalt einer etwas älteren Sonnencreme schwer.
Ökotoxikologische Bedenken von Ocotcrylen
Der pazifische Inselstaat Palau machte 2020 den Anfang und verbot chemische Sonnencremes. Grund waren wissenschaftliche Studien, die einen Zusammenhang zwischen oganischen Sonnenschutzmitteln und dem vermehrten Korallensterben und toxischen Effekten auf Algen und Fisch zeigen. Mittlerweile sind viele pazifische Inselstaaten, aber auch Französisch Polynesien diesem Beispiel gefolgt und so sind dort Sonnenschutzprodukte die Oxybenzon, Octinoxat und Octocrylen enthalten, verboten.
Mögliche Alternativen
Neben Octocrylen gibt es eine Reihe von wirksamen organischen UV-Filtern. Allerdings stehen auch hier einige im Verdacht, hormonell wirksam zu sein oder die Umwelt zu schädigen. Apps die über toxikologisch bedenkliche Inhaltsstoffe informieren, wie ToxFox oder CodeCheck, können bei der Suche nach unbedenklichen Produkten helfen. Sicher können sich Verbraucher jedoch bei anorganischen, mineralischen Filtern wie Zinkoxid oder Titandioxid sein, wenn die mineralischen Filter nicht in Nano-Form vorliegen. Sie schützen ebenso effektiv wie oganische Filter vor UV-Strahlung.