Luftverschmutzung und Gesundheit: Eine unterschätzte Gefahr
Anfang Februar 2025 wurde in verschiedenen Gebieten in Deutschland, aber auch in anderen Teilen von Europa vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch belastete Luft gewarnt.
Trotz bedeutender Fortschritte in der Luftreinhaltung bleibt Luftverschmutzung eines der drängendsten Umweltprobleme Europas. Die Europäische Umweltagentur (EUA) geht davon aus, dass jährlich mindestens 238 000 Menschen in der EU vorzeitig sterben, weil sie zu hohen Belastungen mit verunreinigter Luft ausgesetzt sind.
Die Luftqualität an einem Ort hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei spielt nicht nur die freigesetzte Schadstoffmenge und die Art der Schadstoffe eine entscheidende Rolle, sondern auch das Wetter. Grund für die derzeit hohen Belastungen war die anhaltende Inversionswetterlage, bei der sich kalte Luftschichten am Boden stauen und so Schadstoffe am Entweichen in die Atmosphäre hindern. Vielerorts verbunden war dies mit dem Ausbleiben von reinigenden Niederschlägen, die Schadstoffe aus der Luft waschen können.
Feinstaubpartikel können tief in die Atemwege eindringen. Je nach Partikelgröße unterteilt man Feinstaub in verschiedene Kategorien, die sich in ihrer Entstehung und gesundheitlichen Wirkung unterscheiden. PM10 umfasst Partikel mit einem Durchmesser von bis zu 10 Mikrometern (μm), die durch mechanische Prozesse wie Reifenabrieb oder Baustellenstaub freigesetzt werden. Aber auch das Heizen von Wohngebäuden sowie der gewerbliche und institutionelle Energieverbrauch machen knapp die Hälfte der Belastung mit diesem grobkörnigen Feinstaub aus. Diese relativ groben Partikel gelangen in die Nasennebenhöhlen und oberen Atemwege (Bronchien), wo sie Reizungen, Entzündungen und Atemwegserkrankungen auslösen können.
Feinere Partikel mit einem Durchmesser von maximal 2,5 μm werden als PM2,5 bezeichnet. Sie entstehen vor allem durch Verbrennungsprozesse in Industrie, Verkehr oder Heizungen, die 58 % der Belastung mit PM2,5 ausmachen. Aufgrund ihrer geringeren Größe dringen sie tiefer in die Lunge ein, erreichen Lungenbläschen (Alveolen) und können ins Blut vordringen. Dort fördern sie systemische Entzündungen, oxidativen Stress und kardiovaskuläre Erkrankungen.
Noch kleiner sind ultrafeine Partikel (PM0,1), die einen Durchmesser von weniger als 0,1 μm aufweisen. Sie entstehen insbesondere durch Verbrennungsmotoren und industrielle Prozesse. Ihre winzige Größe ermöglicht es ihnen, die Lungenbarriere zu überwinden und in den Blutkreislauf einzutreten, wodurch sie Organe wie das Herz oder Gehirn erreichen können. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung und Oberflächenstruktur gelten sie als besonders toxisch und stehen im Verdacht, neurologische Schäden, DNA-Schäden und entzündliche Prozesse im gesamten Körper zu verursachen. Langfristige Exposition gegenüber Feinstaub kann chronische Erkrankungen wie Krebs, COPD oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Zusätzlich konnte ein Zusammenhang zwischen erhöhter PM0,1-Belastung und dem vermehrten Auftreten von Diabetes Typ 2 gezeigt werden.
Besonders Kinder, ältere Menschen und Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen sind durch Feinstaub gefährdet. Selbst kurzfristige Belastung kann zu kritischen Situationen führen.
Die EU verfolgt ein Null-Schadstoff-Ziel bis 2050. Um dieses Ziel zu erreichen ist eine drastische Reduzierung der Emissionen notwendig, was die Umsetzung ambitionierter Umweltgesetze voraussetzt. Dies wird von vielen Interessenverbänden kritisch gesehen, ist aber, um die Gesundheit der Bevölkerung besser vor Luftverschmutzung zu schützen und der Klimakrise entgegenzuwirken, unabdingbar.
Text: Ute Haßmann
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Links:
- WHO global air quality guidelines. 9789240034228-eng.pdf
- Feinstaub-Belastung | Umweltbundesamt
- Traffic-Related Air Pollution and Incident Type 2 Diabetes: Results from the SALIA Cohort Study. ehp-118-1273.pdf
- U.S. EPA (2019) Integrated Science Assessment (ISA) for Particulate Matter. Washington, DC, U.S. Environmental Protection Agency: https://assessments.epa.gov/isa/document/&deid=347534
- WHO (2013) Review of evidence on health aspects of air pollution – REVIHAAP Project Technical Report. Copenhagen, World Health Organization Regional Office for Europe. Verfügbar unter: https://iris.who.int/handle/10665/341712
- Offener Brief an die Präsidentin der EU-Kommission Frau Dr. Ursula von der Leyen | KLUG
Primärer / Sekundärer Feinstaub
Man unterscheidet wie bei Luftschadstoffen auch bei Feinstaub, je nach Entstehung zwischen zwei Arten:
Primärer Feinstaub wird direkt aus natürlichen oder anthropogenen Quellen in die Luft freigesetzt. Dazu gehören Rußpartikel aus Verbrennungsprozessen (z. B. Dieselabgase, Holzöfen), Staub von Baustellen, landwirtschaftliche Emissionen oder Vulkanasche. Diese Partikel sind von Anfang an in der Luft vorhanden und können sofort eingeatmet werden.
Sekundärer Feinstaub hingegen bildet sich erst durch chemische Reaktionen in der Atmosphäre. Gasförmige Schadstoffe wie Schwefeldioxid (SO₂), Stickstoffoxide (NOₓ) oder Ammoniak (NH₃) reagieren mit anderen Luftbestandteilen und kondensieren zu festen oder flüssigen Partikeln. Diese sekundären Aerosole sind oft besonders klein und können tief in die Lunge eindringen. Ozon, ein weiteres gefährliches Schadgas, entsteht sekundär durch chemische Reaktionen von u. a. Stickoxiden unter Sonneneinstrahlung.
Besonders PM2,5 und PM0,1 bestehen zu einem erheblichen Anteil aus sekundären Partikeln, während PM10 oft eher primärer Natur ist.
Die Rolle der Atmosphäre
Die Luftqualität an einem Ort wird von mehreren Faktoren beeinflusst. So setzen lokale Emissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft Schadstoffe direkt in die Atmosphäre frei. Diese Schadstoffe werden dann durch Transmission weiter transportiert, wobei Wind und Wetter ihre Ausbreitung bestimmen. In der Luft durchlaufen viele dieser Substanzen chemische Prozesse, bei denen sie entweder in neue Verbindungen umgewandelt oder abgebaut werden. Ein wichtiger Mechanismus zur Reinigung der Luft ist die Deposition, bei der Schadstoffe durch Regen ausgewaschen oder durch trockene Ablagerung an Oberflächen gebunden werden. Allerdings bleibt immer eine Hintergrundbelastung bestehen – eine Grundkonzentration von Schadstoffen, die durch globale Emissionen, Ferntransport und natürliche Quellen entsteht.
Wirken die genannten Faktoren ungünstig zusammen, können sich Schadstoffe in der Atmosphäre anreichern und zu erheblichen gesundheitlichen sowie ökologischen Belastungen führen.
Richt- und Grenzwerte
Es gibt keinen sicheren Schwellenwert für die Belastung mit Feinstaub. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Richtwerte von 5 μg/m3 für PM2,5 und 15 μg/m3 für PM10 festgelegt. Im Jahr 2021 war laut WHO-Angaben noch 97 % der städtischen Bevölkerung Konzentrationen oberhalb der WHO-Richtwerte ausgesetzt. Seit 2005 gibt es in der EU-Grenzwerte für PM10 Feinstaub. Der Tagesgrenzwert für PM10 liegt bei 50 μg/m3 und darf nicht mehr als 35-mal jährlich überschritten werden. Der Jahresmittelwert beträgt 40 μg/m3. Für PM2,5 gilt seit 2015 ein verbindlicher Jahresgrenzwert von 25 μg/m3. Diese Werte liegen jedoch deutlich über den Empfehlungen der WHO.
Nötige Veränderungen
Um die Feinstaubbelastung nach-haltig zu senken, sind umfassende Maßnahmen in verschiedenen Bereichen unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens erforderlich. Dabei stehen die Förderung emissionsfreier Mobilität und strengere Abgasnormen im Bereich der Mobilität im Vordergrund. Das von der EU beschlossene Verbrenner Aus ist in diesem Zusammenhang die richtige Entscheidung. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage versuchen nun einige Mitglied-staaten, allen voran Deutschland, die Umsetzungen dieses Ziels zu verzögern und stellen damit kurzfristige wirtschaftliche Interessen über die Gesundheit. In einem offenen Brief fordern nun mehr als 500 Ärztinnen und Ärzte, darunter der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt die EU-Kommissions-präsidentin Ursula von der Leyen auf, am geplanten Ausstieg festzuhalten, da Luftverschmutzung das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko darstellt.