Leistungsstarke Batterieadditive - nützlich, aber nicht unbedenklich

Elektrolyte spielen eine entscheidende Rolle in Batterien, insbesondere in wiederaufladbaren Batterien wie Lithium-Ionen-Batterien. Ihre Hauptfunktion besteht darin, Ionen zu transportieren und den elektrischen Stromfluss zwischen den Elektroden aufrechtzuerhalten.

Elektrolyte bestehen aus einer Lösung von Salzen in einem organischen Lösungsmittel. Die Ionen im Elektrolyten ermöglichen den Transport von Ladungen zwischen den Elektroden. In einer Lithium-Ionen-Batterie (LIB) beispielsweise fungieren Lithium-Ionen als Ladungsträger. Beim Entladen wandern Lithium-Ionen aus der negativen Elektrode (Anode) durch den Elektrolyten zur positiven Elektrode (Kathode), während beim Aufladen die Lithium-Ionen den umgekehrten Weg nehmen. Der Elektrolyt spielt also eine entscheidende Rolle bei der Bewegung der Ladungsträger und ermöglicht den Ladungstransfer, der zur Erzeugung von elektrischer Energie führt.

Zusätzlich zur Funktion als Ionenleiter können Elektrolyte auch die Stabilität und Lebensdauer der Batterie beeinflussen. Sie müssen bestimmte Eigenschaften aufweisen, um die Batterieleistung zu optimieren. Dazu gehören eine hohe elektrische Leitfähigkeit, eine gute thermische und elektrochemische Stabilität, eine niedrige Viskosität für eine effiziente Ionenbewegung und eine geringe Reaktivität mit den Elektrodenmaterialien.

Hochmoderne state-of-the-art (SOTA) Elektrolyte für Li-Ionen-Batterien (LIB) besteht aus Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) in einer Mischung aus Ethylencarbonat (EC) und linearen Carbonaten, beispielsweise Ethylmethylcarbonat (EMC).

Um die spezifischen Eigenschaften von Batterien weiterhin zu verbessern oder zu optimieren, werden den Elektrolyten oft Additive zugesetzt. Sie dienen verschiedenen Zwecken, je nach den Anforderungen der Batterie und der gewünschten Leistung. Eines der wichtigsten Ziele der Batterieforschung ist es, die Leistungsfähigkeit und/oder Energiedichte weiter zu steigern.

Bei modernen LIBs kann die spezifische Energie/Energiedichte durch Erhöhung der oberen Ladespannung erhöht werden. In seiner nicht funktionalisierten Form ist der SOTA-Elektrolyt für Hochspannungs-LIB-Anwendungen jedoch unpraktisch, da die resultierenden Zellen unter Überschlagsversagen (früher bekannt als „Phänomen des plötzlichen Todes“) leiden können.

Grund dafür ist die Instabilität von SOTA-Kathoden (d. h. Li NiyCoxMnyO2; x+y+z=1; NCM), was beim so genannten Electrode Crosstalk zu einem verstärkten Auflösen der Übergangsmetalle an der Kathode und einer Abscheidung dieser an der Anode führt. Dieser Übergansmetall-induzierte Widerstandsanstieg auf der Anode löst Li-Abscheidung/-Plattierung aus, und bedingt dadurch Kapazitätsverluste, was zu Kurzschlüssen sowie Sicherheitsrisiken durch die Bildung von High-Surface-Lithium (HSAL), zum Beispiel Li-Dendriten führen kann.

Lithiumdifluorophosphat (LiDFP) hat positiven Einfluss auf Grenzflächeneigenschaften und ist in der Lage, das Überschlagen der Elektrode durch abfangen der Übergansmetalle zu unterdrücken, bevor diese die Anode erreichen und beschädigen können, was schließlich die Lebensdauer des Leistungszyklus verlängert. Diese Eigenschaft macht LiDFP zu einem vielversprechenden Elektrolyt-Additiv, da es eine Steigerung der Hochspannungsleistung ohne Kapazitätsschwund ermöglicht.

Diese Steigerungen der Effizienz von LiBs ist allerdings auf Kosten der Gesundheit und der Umwelt, denn sowohl der Elektrolyt LiPF6 als auch das Additiv LiDFP sind gesundheitlich bedenklich und wassergefährdend.

Der Elektrolyt LiPF6 ist in seiner reinen Form stark korrosiv und kann zu schweren Verätzungen an Auge, Haut und in der Speiseröhre beim Verschlucken führen. LiPF6 wirft zusätzliche Bedenken auf, da es thermisch instabil und empfindlich gegenüber Verunreinigungen, insbesondere Wasser, ist. Dies führt zum einen dazu, dass der Zyklus-/Kalenderlebensdauer der LIBs beeinträchtigt wird; toxikologisch bedenklich ist in diesem Zusammenhang jedoch viel mehr die Entstehung giftiger Elektrolytzersetzungsprodukte. So kann LiPF6 zu Difluorophosphat (DFP) hydrolysiert werden, woraus nach anschließender Reaktion mit dem Elektrolytlösungsmitteln (Oligo-) Organofluorophosphate (OFPs) entstehen können.

Allerdings ist die Bildung von Organofluorophosphaten keineswegs nur durch das Vorhandensein des Leitsalzes LiPF6 bedingt, sondern auch das Elektrolyt-Additiv LiDFP ist chemisch instabil und zerfällt bei erhöhten Temperaturen schnell zu toxischen OFPs. OFPs sind Hemmstoffe der Acetylcholinesterase (AChE), einem Enzym, das für die Regulation des Neurotransmitters Acetylcholin im Nervensystem von Wirbeltieren verantwortlich ist. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Nervenimpulsen und ist an zahlreichen kognitiven und motorischen Funktionen beteiligt.

Acetylcholin wird von Nervenzellen synthetisiert und an den Synapsen freigesetzt, um Signale zwischen den Nervenzellen zu übertragen. Es bindet an spezifische Rezeptoren auf den Zielzellen, um eine Nervenimpulsübertragung zu ermöglichen. Die Signalübertragung wird durch das Enzym AChE beendet, da es Acetylcholin spaltet und damit den normalen Funktionszustand der Nervenzelle aufrecht erhält.

Durch die Hemmung der AChE führen OFPs zu einer erhöhten Konzentration von Acetylcholin im synaptischen Spalt, was zu einer dauerhaften Stimulation an der Synapse führt. Als Folge kann es zu unkontrollierten Muskelzuckungen und Krämpfen, aber auch übermäßigen Sekretion von Speichel, Tränenflüssigkeit, Schweiß und Magensäure kommen.

Darüber hinaus beeinflusst Acetylcholin das Herz-Kreislauf-System und die Atemwege und so können erhöhte Acetylcholinspiegel zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz (Bradykardie), einer Senkung des Blutdrucks und einer Erweiterung der Blutgefäße sowie zu einer Verengung der Atemwege führen.

Alles in allem also ernstzunehmende gesundheitliche Risiken.

Um das Dilemma einer Leistungssteigerung auf Kosten erhöhter Toxizität zu umgehen, wird mit Hochdruck an neuen Additiven geforscht. Eine Lösung könnte der Einsatz von Additivkombinationen sein. Es ist bekannt, dass die beiden herkömmlichen Additive Fluoroethylencarbonat (FEC) und Vinylencarbonat (VC) für Hochspannungsanwendungen als einzelner Elektrolytzusatz aufgrund der Möglichkeit von Tiefenentladung ungeeignet sind, sie zerfallen bei hohen Temperaturen aber zu keinen toxischen Metaboliten. Werden diese herkömmlichen Additive mit LiDFP in Kombination eingesetzt, führt dies zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit der LiB. Ein Forschungsziel ist es nun, eine möglichst leistungsstarke Additiv-Kombination zu finden, die gleichzeitig über eine geringe Toxizität verfügt.

Diesem Ziel geht die Lebensmittelchemikerin Elisabeth Muschiol, Doktorandin der Graduiertenschule BACCARA am Institut für Lebensmittelchemie der Universität Münster im Rahmen ihrer Forschungsarbeit nach. Dabei untersucht sie verschiedene Elektrolyt- und Additivkombinationen auf ihre elektronische und thermische Alterung, ihre zytotoxischen Eigenschaften sowie auf ihren Einfluss auf die AChE.

Dass dies keine leichte Fragestellung ist und die Kombinationen von Elektrolyt und verschiedenen Additiven in ihren Auswirkungen überaus komplex sind, zeigen die ersten Untersuchungen zur Zelltoxizität dieser Kombinationen.

So weisen in vitro Versuche in der humanen Leberkrebszelllinie HepG2 darauf hin, dass bei thermischer Alterung eine erhöhte Zelltoxizität resultiert, wenn die beiden nicht-OFP-bildenden Additive FEC und VC Teil des Elektrolyten sind. Ob die Additive selbst oder entstehende Abbauprodukte für die erfassten zytotoxischen Eigenschaften verantwortlich sind, ist derzeit noch unklar (s. Abbildung).

Weiterhin hat der Zusatz von Wasser, der eigentlich im Zuge der thermischen Alterung die toxische OFPs-Bildung verstärkt, jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Zelltoxizität.

Betrachtet man hingegen die toxischen Effekte auf die AChE im Verlauf der thermischen Alterung, so führt Wasserzusatz zu einer deutlichen Verstärkung der Effekte. Wasserzugabe bedingt nicht nur eine stärkere Hemmung des Enzyms, sondern hat auch eine stärkere Hemmung nach kürzerer Alterungszeit zur Folge. Der erwünschte Effekt, dass die Kombination verschiedener Additive zu einer Verminderung der AChE-Hemmung führt, konnte während der thermischen Alterung nicht gezeigt werden, denn es hemmten alle untersuchten Kombinationen in ähnlicher Intensität die AChE.

Anders scheint sich dies darzustellen, wenn die elektrochemische Alterung untersucht wird. Hier war eine deutliche Abschwächung des AChE-hemmenden Effekts bei Kombination von OFP und nicht-OFP-bildenden Additiven sichtbar.

In einer weiteren Versuchsreihe wurde Difluorophosphat (DFP), das als Zwischenprodukt bei der Bildung toxischer OFPs aus dem Leitsalz LiPF6 auftritt (s. Reaktionsgleichung), als Additivzusatz untersucht.

Reaktionsgleichung: Zersetzung des Leitsalzes LiPF6 zu OFPs mit der Bildung von DFP als Zwischenprodukt [Muschiol et al., 2023].

Die Hypothese, dass durch DFP eine schnellere Bildung toxischer OFPs bedingt wird, scheint durch die Untersuchung des AChE-Hemmpotentials belegt zu werden. So konnte in den in vitro Untersuchungen eine stärkere Hemmung des Enzyms durch DFP-haltige Elektrolyte im Vergleich zu Elektrolyten, die die beiden herkömmlichen Additive Fluoroethylencarbonat (FEC) oder Vinylencarbonat (VC) erhalten, gezeigt werden (s. Abbildung).

Abbildung: Hemmung der AChE durch verschieden Elektrolytkombinationen nach bei thermischer Alterung (80 °C) [Muschiol et al., 2023].

Ein vielversprechender Ansatz scheint hingegen, dass die Kombination von DFP mit FEC einerseits die Kapazitätserhaltung erhöht, andererseits die OFP-Bildung sowohl im thermischen als auch im elektrochemischen Alterungsexperiment vermindert. Diesen Ansatz wird Elisabeth Muschiol weiterverfolgen.

Eins haben ihre Untersuchungen aber jetzt schon deutlich gemacht: Die Suche nach wirkungsvollen Additivkombinationen ist komplex und multifaktoriell; zielführend für eine spätere sichere Verbraucheranwendung ist sie aber nur, wenn mit der Forschung nach Effizienz eine umfangreiche toxikologische Untersuchung einhergeht und die Bildung toxischer Abbauprodukte verstanden ist und somit wichtige Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Natur ergriffen werden können.

Text: Ute Haßmann
Foto: von Roberto Sorin auf Unsplash

Links:

  • Kubot M., Frankenstein L., Muschiol E. et al., Lithium Difluorophosphate: Boon for High Voltage Li Ion Batteries but a Bane for high Thermal Stability/low Toxicity: Towards Synergistic Dual-Additives to Circumvent this Dilemma, ChemSusChem, 2022.
  • Kraft V. et al., Two-dimensional ion chromatography for the separation of ionic organophosphates generated in thermally decomposed litium hexafluorophosphate-based lithium ion battery electrolytes, Journal of Chromatography A, 2015.
  • Muschiol E., Kubot M., Esselen M. Lithium Ion Battery Electrolyte Additives – Better Performance but Increased Health Risk?. Poster, German Pharma Tox Summit, Ulm, 2023
  • Weber W. et al., Identification of alkylated phosphates by gas chromatography-mass spectrometric investigations with different ionization principles of a thermally aged commercial lithium ion battery electrolyte, Journal of Chromatography A, 2015. 4 P. Hammond and J. Forster, A Microassay-Based Procedure for Measuring Low Levels of Toxic Organophosphorus Compounds through Acetylcholinesterase Inhibition, Analytical Biochemistry, 1989

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