Fluorid - EFSA-Neubewertung zur sicheren Aufnahmemenge und Berechnung der individuellen Aufnahme mit Rechner der Beratungskommission

Fluorid (F⁻) ist das Anion des Elements Fluor und nicht eigentlich ein Gift. In der Umwelt werden Fluoride, die Salze der Fluorwasserstoffsäure (HF) bei der Verwitterung F⁻-haltiger Gesteine ausgewaschen und gelangen so ins Grund- und Trinkwasser. Pflanzen nehmen F⁻ aus dem Boden auf und können es anreichern. Über Getränke und Lebensmittel, Trinkwasser, ggf. auch über natürliches Mineralwasser, nehmen wir täglich geringe Mengen auf. Weitere Quellen sind fluoridiertes Speisesalz, Schwarz-/Grüntee und, beim Verschlucken, fluoridhaltige Zahnpflegeprodukte.
Ein Teil des aufgenommenen Fluorids wird in Knochen und Zahnhartgewebe eingebaut. In der Mundhöhle fördert F⁻ die Remineralisation des Zahnschmelzes und erschwert Säureangriffe von Kariesbakterien. Ein
klassisches Mangelsyndrom existiert nicht, weshalb F⁻ nicht als essentielles Element gilt und eine Zufuhr mit der Nahrung nicht als zwingend erforderlich betrachtet wird. Die kariespräventive Wirkung ist jedoch unstrittig, weshalb eine topische Anwendung über Zahnpflegeprodukte und/oder F⁻-applikation im Rahmen der zahnärztlichen Versorgung allgemein befürwortet wird.
Am 22. Juli 2025 hat die EFSA ihre Bewertung zur F⁻-aufnahme aktualisiert und einen vorsorglichen sicheren Aufnahmewert von 3,3 mg F⁻/Tag abgeleitet. Maßgeblich ist die aufsummierte Gesamtaufnahme aus Wasser,
Lebensmitteln, fluoridiertem Speisesalz und Zahnpflegeprodukten.
Grund für die Ableitung eines sicheren Aufnahmewertes, mit Blick auf den besonderen Schutz des ungeborenen Kindes bei Schwangeren, sind Ergebnisse mehrerer prospektiver Kohortenstudien, die den Zusammenhang der F⁻-aufnahme werdender Mütter mit späteren IQ-Testergebnissen ihrer Kinder im Vorschul- bzw. Schulalter untersuchten. Einige berichten kleine, statistisch belastbare Unterschiede in kognitiven Tests, weshalb mögliche Effekte durch erhöhte F⁻-aufnahme auf die Gehirnentwicklung diskutiert werden.
Um auf Basis der neuen EFSA-Vorgaben zur täglichen Gesamtaufnahme eine schnelle individuelle Abschätzung zu ermöglichen, hat die Beratungskommission (BK) Daten zu den wichtigsten F⁻-aufnahmequellen zusammengestellt und fluoridiertes Speisesalz sowie schwarzen/grünen Tee als Hauptquellen identifiziert. Beiträge aus sonstigen Lebensmitteln und aus Zahnpasta wurden mangels belastbarer, personenbezogener Nutzungsdaten im Modell als fester Wert konservativ angesetzt. Darauf aufbauend entwickelte die BK eine einfache, alltagsnahe Rechenmethode zur Ermittlung der individuellen Tagesaufnahme. Interessierte Personen können mithilfe eines als Excel-Datei veröffentlichten Rechners ihre individuelle Aufnahme abschätzen.
Die in der Veröffentlichung durchgerechneten Szenarien zeigen: Kräutertees tragen kaum zur Tagesbilanz bei, während Schwarz- und Grüntee, je nach Sorte und Zubereitung, deutlich höhere F⁻-gehalte aufweisen können. Bereits vier bis acht große Tassen täglich können ggf. zur Überschreitung des sicheren Bereichs führen. Dagegen bleiben Profile wie „zwei Tassen Schwarz/Grüntee plus moderater fluoridierter Salzkonsum und 2 L Wasser“ meist unter 3,3 mg/Tag. Mehr Tee oder ein hoher Anteil fluoridierten Speisesalzes kann die Summe über den sicheren Bereich schieben.
Schwangeren empfiehlt die BK daher, eine Reduktion des Schwarz-/Grüntee-Konsums, sowie von fluoridiertem Haushaltssalz in Betracht zu ziehen. Zahnpasta sollte bestimmungsgemäß verwendet werden (erbsengroße Menge, nicht schlucken). Die BK merkt jedoch auch an, dass nicht jede Überschreitung der von EFSA vorgeschlagenen Aufnahmemenge mit einem Risiko gleichzusetzen ist.
Für fluoridiertes Speisesalz ist der F⁻-gehalt limitiert (in DE max. 31 mg/100 g) und auf der Verpackung anzugeben, während für Schwarz- oder Grüntee diese Pflicht nicht besteht, obwohl beide stark zur F⁻-aufnahme beitragen können und ihre Gehalte zum Teil sehr hoch sind. Die BK befürwortet daher eine Kennzeichnung auch für diese Teesorten, um die Transparenz zu erhöhen und insbesondere gefährdeten Personengruppen wie Schwangeren eine gezieltere Produktauswahl zu ermöglichen.

Text: Ute Haßmann
Foto von Alan Emery auf Unsplash

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Der Vorschlag Fluorid als Gift des Monats August 2025 zu wählen, kam von der Beratungskommission der GT…

… um auf ihre neu veröffentlichte verbraucherfreundliche Berechnungsmethode der täglichen Fluoridaufnahme hinzuweisen. Diese wurde im Zuge der Neubewertung der sicheren Aufnahmemengen durch die EFSA entwickelt und ermöglicht, insbesondere Schwangeren mit Blick auf den besonderen Schutz des ungeborenen Kindes, die eigene tägliche Fluoridaufnahme praxisnah zu erfassen und sicher einzuordnen.

Toxizität

Je nach Salz unterscheiden sich Löslichkeit und akute Toxizität. In Verbraucherprodukten kommen unterschiedliche Verbindungen vor (z. B. Natriumfluorid, Zinn(II)fluorid, Aminfluoride, Natrium-Monofluorophosphat). Eine akut sehr hohe orale Aufnahme von Fluorid kann Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall auslösen, sowie Benommenheit, Kopfschmerzen bis hin zu Krämpfen, Koma und Herzstillstand. Als minimale akute Dosis, bei der gastrointestinale Wirkungen auftreten, werden 0,4 - 5 mg Fluorid pro kg Körpergewicht angegeben.

Eine chronisch erhöhte Fluoridzufuhr kann bis etwa zum 8. Lebensjahr Dentalfluorose auslösen, da vor dem Zahndurchbruch zu viel Fluorid in den Schmelz eingebaut wird, was zu Hypomineralisation führt. Zur Vorsorge hat die EFSA altersabhängige ULs (upper limits) von 1 mg/Tag für Säuglinge, 1,6 mg/Tag für 1–3 jährige und 2 mg/Tag für 4–8 jährige festgelegt.

Bei langjährig hoher Aufnahme steigt das Risiko einer Skelettfluorose, was zu höherer Knochendichte mit geringerer Elastizität führen kann. Folgen sind ein erhöhtes Frakturrisiko, Gelenkschmerz und -steife. Im Spätstadium kommt es zu Skelettdeformationen und Verkalkungen von Bändern.

Wie verlässlich sind die neuen Studiendaten?

Ein eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen der Fluoridexposition und einem verminderten IQ lässt sich aus den bisherigen Daten jedoch nicht ableiten, da epidemiologische Studien nicht die methodische Stringenz von randomisierten, kontrollierten Studien aufweisen. Tierstudien zeigen Lern- und Gedächtnisauffälligkeiten, dies allerdings bei deutlich höheren Dosen. Insgesamt besteht ein mögliches Risiko, dem die EFSA mit dem vorsorglichen Grenzwert Rechnung trägt. Weitere Studien sind nötig, um das Risiko ohne große Unsicherheit einzuordnen.