Aflatoxine – Ein schleichendes Risiko in unserer Nahrungskette

Aflatoxine nehmen eine besondere Stellung unter den Schimmelpilzen ein, denn obwohl diese farblosen und geschmacklosen Mykotoxine das Lebensmittel sensorisch wenig beeinflussen, können sie verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit haben.

Bis heute sind 6 verschiedene Aflatoxine bekannt: B1, B2, G1, G2, M1 und M2. Aflatoxine, insbesondere Aflatoxin B1, sind hochgiftig und stark karzinogen. Sie greifen bevorzugt die Leber an, führen bei akuter Vergiftung zur so genannten Aflatoxinose, die sich durch Leberversagen, Gelbsucht, Erbrechen und Bauchschmerzen zeigt. Aber auch chronische Belastung in niedrigen Dosen kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Dazu gehören Wachstumsverzögerungen bei Kindern sowie Immunschwäche und Schädigungen des Stoffwechsels. Weiterhin erhöht sich das Risiko an Leberkrebs (Hepatozelluläres Karzinom) zu erkranken.

Besonders gefährlich ist ihre Anreicherung in Lebensmitteln in Kombination mit Mangelernährung, wie sie in Entwicklungsländern häufig vorkommt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Aflatoxine in die Gruppe 1 der karzinogenen Substanzen eingestuft, was bedeutet, dass ihre krebserregende Wirkung beim Menschen gut belegt ist.

Aflatoxine gelten nicht nur als eine der giftigsten, sondern zugleich als eine der am weitesten verbreiteten Mykotoxingruppen weltweit. Während viele Mykotoxine von verschiedenen Schimmelpilzen gebildet werden können, werden Aflatoxine nur von Pilzen der Gattung Apergillus, genauer von den Arten Aspergillus flavus, Aspergillus parasiticus und Aspergillus nomius als toxische Stoffwechselprodukte gebildet.

Durch Sporen, die über die Luft auch relative weite Distanzen überwinden können, gelangen sie auf verschiedene Oberflächen und fangen bei geeigneten Bedingungen an zu wachsen. Aflatoxine entwickeln sich am besten bei warmen, feuchten Bedingungen und sind deshalb besonders häufig in tropischen Regionen zu finden. Dabei wachsen sie vor allem auf pflanzlichen Lebensmitteln, insbesondere solchen mit hohem Stärke- oder Fettgehalt, wie Getreide (Mais, Weizen, Reis, Gerste, Hirse), Nüssen (Erdnüsse, Pistazien, Mandeln, Haselnüsse, Paranüsse, Walnüsse), Ölsaaten (Sojabohnen, Sonnenblumenkerne, Baumwollsamen), Gewürzen (Paprika, Chili, Muskatnuss), Ingwer und Trockenfrüchten (Feigen, Datteln, Rosinen). Aflatoxine können aber auch durch so genanntes „carry over“ in Milch und Milchprodukten gefunden werden, wenn Kühe mit Aflatoxin-belastetem Futter gefüttert wurden.

Aflatoxine sind jedoch nicht nur ein Problem in tropischen und subtropischen Regionen, sondern auch in globalen Handelsketten, die die belasteten Lebensmittel weltweit verbreiten.
Hinzu kommt, dass Aflatoxine ein wachsendes Problem sind. Die Klimakrise schafft zunehmend ideale Bedingungen für die Vermehrung der verantwortlichen Pilze. Steigende Temperaturen und höhere Luftfeuchtigkeit begünstigen die Kontamination von Getreidefeldern, Lagerhäusern und Transportketten. Regionen, die bisher kaum betroffen waren, wie Süd- und Mitteleuropa, sehen sich einer steigenden Gefahr ausgesetzt.

Ein Beispiel für die zunehmende Bedrohung sind Maiskulturen in Italien, Spanien und Polen, die in den letzten Jahren häufiger mit Aflatoxinen belastet waren. Der vermehrte Befall stellt in diesen Regionen nicht nur ein Gesundheitsrisiko dar, sondern zieht auch wirtschaftliche Verluste mit sich, da das Getreide nicht mehr auf den Markt gebracht werden kann.

Die Europäische Union hat strenge Grenzwerte für Aflatoxine in Lebensmitteln eingeführt, um Verbraucher zu schützen. Diese Regulierungen erfordern aufwendige Tests und Kontrollen entlang der gesamten Lebensmittelkette, insbesondere bei importierten Produkten aus Ländern mit weniger strikten Vorschriften.

Text: Ute Haßmann
Foto von Peter F auf Unsplash

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Schimmelpilze

Schimmelpilze sind in der Natur allgegenwärtig. Man schätzt, dass es weltweit etwa 140 000 Arten gibt, von denen etwa 25–50 % ein oder mehrere Gifte, sogenannte Mykotoxine, bilden können. Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte und dienen dem Schimmelpilz als Schutz vor Konkurrenz, indem sie das Wachstum anderer Mikroorganismen hemmen oder auch zur Verteidigung gegenüber Fressfeinden. Außerdem können sie als Reaktion auf Umweltstress entstehen, etwa bei Nährstoffmangel oder Temperaturschwankungen.

Aflatoxine

Chemisch handelt es sich sind bei Aflatoxinen um kondensierte Dihydrofuran- oder Furanringe, die mit einem Cumarin-Grundgerüst verknüpft sind. Je nach Aflatoxin-Variante können Hydroxy-, Methoxy- oder Epoxidgruppen als funktionelle Gruppen vorhanden sein. Aflatoxine fluoreszieren, sind schlecht wasserlöslich, aber hitzestabil und überleben deshalb übliche Koch- und Pasteurisierungsprozesse. Die meisten Aflatoxine werden in der Leber durch Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert. Aflatoxin B1 wird dabei zu Aflatoxin-8,9-Epoxid metabolisiert. Dieses Epoxid ist hochreaktiv und bildet DNA-Addukte (z. B. mit Guaninbasen), was zu mutagenen und karzinogenen Effekten führen kann. Andere Aflatoxine (B2, G1, G2, M1) werden ebenfalls metabolisiert, aber mit geringerer Toxizität. Aflatoxine können bei ihrem Abbau im Körper aber auch entgiftet werden. Dies erfolgt primär durch Glutathion-S-Transferasen und Epoxid-Hydrolasen.

KI-gestützte Aflatoxinerkennung

Belastete Lebensmittel zu erkennen und auszusortieren ist eine große Herausforderung entlang der gesamten Lieferkette. Neue, KI-basierte Ansätze, bei denen spektroskopische Verfahren mit Machine Learning (ML) kombiniert werden, um Aflatoxingehalte zuverlässig zu bestimmen, sind dabei vielversprechend. Hyperspektrale Bildgebung analysiert spektrale Signaturen und erkennt kontaminierte Proben. Zusätzlich optimieren KI-Algorithmen Biosensoren und immunologische Tests, wodurch Sensitivität und Genauigkeit verbessert werden. Auch kommen vermehrt Drohnen mit multispektralen Sensoren zum Einsatz, um Pilzbefall auf den Feldern frühzeitig identifizieren. Zukünftige Entwicklungen wie Edge-KI, mit einer verbesserten Echtzeit Anaylse von Aflatoxinkonzentra-tionen in Produkten und Blockchaintechnologien für transparentere und manipulations-sichere Lieferketten könnten die Lebensmittelüberwachung weiter optimieren.

Aflatoxinbelastung in Mandeldrinks

Das Max-Rubner-Institut (MRI) hat 2023 auf dem Markt erhältliche Mandeldrinks auf u. a. ihren Mykotoxingehalt untersucht. In 23 von 24 untersuchten Proben wurden vom MRI Gehalte an Aflatoxin B1 nachgewiesen. Ausgehend von diesen Daten hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) das gesundheitliche Risiko anhand des Margin-of-Exposure (MoE)-Konzepts berechnet, da es sich bei Aflatoxin B1 um ein genotoxisches Kanzerogen handelt, für das keine sichere Aufnahmemenge abgeleitet werden kann. Als toxikologischer Referenzwert wurden Ergebnisse aus einer 2-Jahre-Kanzerogenitätsstudie an Ratten herangezogen, woraus sich ein BMDL10-Wert von 400 ng/kg KG*d ergab. Der BDML10 gibt diejenige Dosis an, bei der sich die Zahl der zusätzlichen Krebsfälle im Tierexperiment um 10 % erhöht.

Ergibt sich durch eine MoE Berechnung ein Wert von ≥10.000, gilt das als wenig bedenklich. Die Berechnungen für den Gehalt an Aflatoxin B1 in Mandelmilch ergaben, je nach Altersgruppe und Szenario, MoE-Werte zwischen 79 und 3.496, weshalb das BfR zu dem Schluss kommt, dass ein langfristiger Konsum besonders bei Kindern im Alter von 0,5 bis <6 Jahren zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen könnte. Dies liegt auch daran, dass diese Altersgruppe aufgrund ihres höheren relativen Verzehrs stärker exponiert ist. Das BfR macht darauf aufmerksam, dass der Konsum von Pflanzendrinks steigt, weshalb aktuelle Verzehrdaten erforderlich sind, um die gesundheitlichen Risiken präziser einschätzen zu können.