Die Christrose – sagenumwoben giftig

Vielerorts wird sie auch dieses Jahr wieder zu Weihnachten in der Kirche besungen. Zahlreiche Legenden ranken sich um die Christrose (Helleborus, botanisch: Helleborus niger). In einer davon brachten sie die Tränen eines Hirten in der Heiligen Nacht das erste Mal zum Wachsen und Blühen weil er kein Geschenk für den neugeborenen Jesus hatte. Unwirklich wirkt sie, diese wunderschöne weiße Blüte, die in einer Zeit erblüht, in der sonst draußen in der Kälte wenig wächst. Aber als wäre das alles nicht schon außergewöhnlich genug, um der Christrose eine ganz besondere Stellung unter den Blumen zu geben, ist sie bereits seit der Antike durch ihre hohe Giftigkeit sagenumwoben.

So wurde Helleborus verwendet um Feinde zu vergiften. Sie fand aber auch als Heilmittel bereits Anwendung. Hippokrates verabreichte Helleborus als abführendes und harntreibendes Mittel zur Entgiftung. Auch die Psyche sollte durch Extrakte der Christrose gereinigt werden können, weshalb es antike Ärzte und Gelehrte gegen Geisteskrankheit verabreichten.

Im Mittelalter wurden die Verwendungen der Christrose immer mystischer. Als ein Bestandteil von Hexensalben galt sie als Mittel zur Erhaltung der ewigen Jugend und konnte fein vermahlen als Pulver verstreut angeblich sogar unsichtbar machen. Mehr und mehr verbreitete sich aber auch der Name Nieswurz für die Christrose. Namensgebend hierfür ist die schleimhautreizende Wirkung zerriebener getrockneter Blätter.

Dieses Phänomen machte man sich einerseits zunutze, um böse Geister und Krankheiten auszuniesen, später wurden getrocknete Blätter aber auch als Beimischung in Schnupftabak verwendet. Aufgrund der hohen Giftigkeit war die Behandlung mit Christrosen gefährlich und bedurfte guter Sachkunde. Da diese häufig fehlte kam es immer wieder zu tödlichen Vergiftungsfällen durch Helleborus. Alle Pflanzenteile der Christrose sind für Mensch und Tier stark giftig. Die höchste Giftkonzentration befindet sich in den Wurzeln und in den Samen, wobei verschiedene toxische Inhaltsstoffe für die Giftwirkung verantwortlich sind.

Protoanemonin ist ein toxisches Lacton, das erst bei der Verletzung der Pflanze enzymatisch freigesetzt wird. Protoanemonin wirkt stark hautreizend, was sich durch Rötungen und Ödembildung zeigen kann. Aber auch die Schleimhaut wird durch Protoanemonin stark gereizt, was Gastroenteritiden mit heftigem Erbrechen und Durchfällen bedingen kann. Gleichzeitig kann Protoanemonin zu Störungen des Zentralnervensystems führen, was Schwindelanfälle, Krämpfe und Lähmungserscheinungen zur Folge haben kann.

Das Steroid-Saponin Helleborin ist ein weiterer toxischer Inhaltsstoff der Christrose, der ebenfalls zu Schleimhautreizungen und Magen-Darm-Störungen führen kann, zusätzlich aber auch Nies- und Brechreiz verursacht.

Auch das toxische Glykosid Hellebrin (Helleborein), das zur Gruppe der Bufadienolide gehört, unterstützt diese gastrointestinalen Störungen. Deutlich dramatischer können sich darüber hinaus die herztoxischen Eigenschaften des Hellebrins auswirken. Ähnlich wie Digitalis, das Gift des Fingerhuts, kann Hellebrin den Kaliumspiegel senken, was den Calciumausstrom aus dem Herzmuskel vermindert. Die Folge ist ein Überangebot an Calcium. Dies kann bei hohen Dosen zu Arrhythmien, Bradykardien und sogar zum Tod durch Atemlähmung führen.

Um an Weihnachten den Zauber der Christrose sorgenfrei genießen zu können, sollte sie also stets aus der Ferne betrachtet werden und außerhalb der Reichweite von Kindern einen Platz finden.

Text: Ute Haßmann
Foto: von July auf Unsplash

Links:

  • Spektrum, Lexiokon der Biologie, 1999 Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Natrium-Kalium-Pumpe - Lexikon der Biologie | spektrum.de
  • Van Dijk, H. und van Trier, H.: Helleborus, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, 2006
  • Heuger Gartenbaubetriebe, Christrosen | Helleborus
  • Schneerose | Wikipedia
  • Daniel D, Süsal C, Kopp B, Opelz G, Terness P. Apoptosis-mediated selective killing of malignant cells by cardiac steroids: maintenance of cytotoxicity and loss of cardiac activity of chemically modified derivatives. Int Immunopharmacol. 2003 Dec;3(13-14):1791-801. doi: 10.1016/j.intimp.2003.08.004. PMID: 14636829

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Christrose botanisch

Die Christrose (Helleborus niger) wird auch Schneerose oder schwarze Nieswurz genannt. Sie gehört zur Gattung der Nieswurze (Helleborus) in der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae).

Zur Familie der Hahnenfußgewächse gehört auch der sehr giftige Eisenhut.

Die Christrose ist eine immergrüne mehrjährige Pflanze mit kräftigem Wurzelstock aus zahlreichen, fleischigen Wurzeln, die eine hohe Konzentration an giftigen Pflanzeninhaltsstoffen besitzen. Christrosen sind winterharte Pflanzen, deren weiße Blüten von Dezember bis April blühen.

Wo wächst die Christrose?

Natürlich kommt die Christrose in den östlichen Kalkalpen Europas, vornehmlich in Österreich, Slowenien und Italien vor. Dort wächst sie an steinigen, buschigen Abhängen.

In Deutschland findet man sie wild im Berchtesgadener Land. Hier ist die Christrose als Wildpflanze allerdings so selten, dass sie unter Naturschutz steht.

Orakelblume

Seit dem Mittelalter fand die Christrose auch Verwendung als Orakelblume. So stellten Bauern an den zwölf Tagen zwischen Weihnachten und Dreikönig zwölf Blütenknospen der Christrose in ein Wasserglas. Jede einzelne Blüte stand dabei für einen Monat. Öffnete sich die Blüte, versprach das gutes Wetter, Glück und gute Ernte in diesem Monat, blieb die Blüte geschlossen musste man schlechtes Wetter und Unglück fürchten.

Für Glück oder Unglück war dabei wohl aber vor allem das sorgfältige Abschneiden der Stängel verantwortlich. Diese verstopfen leicht. So weiß man heute, dass man dem Orakel mit dem zusätzlichen Einstechen der Stängel mit einer Nadel nachhelfen sollte.

Bufadienolide

Bufadienolide kommen natürlich in Liliengewächsen und Hahnenfußgewächsen vor, sind aber auch im Blut von Kröten (Bufo) zu finden.

Chemisch handelt es sich bei den Bufadienoliden um eine Gruppe natürlich vorkommender, herzwirksamer 24-C-Steroidderivate, die einen doppelt ungesättigten δ-Lacton-Ring an C17 tragen. Ihre Glykoside entfalten kardiale Wirkungen und zählen deshalb zur Gruppe der Herzglykoside. Budadienolide vermitteln ihre Wirkung durch Hemmung der Na+/K+-ATPase, die auch als Natrium-Kalium-Pumpe bezeichnet wird. Ansässig in der Zellmembran ist sie besonders in Nervenzellen von entscheidender Bedeutung, um den Ruhezustand (Ruhepotential) aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig spielt sie eine essentielle Rolle bei der Wiederherstellung der Ionenverhältnisse nach einem Aktionspotential.

Auf molekularer Ebene katalysiert das Enzym unter Hydrolyse von ATP (ATPase) den Transport von Natrium-Ionen aus der Zelle und den Transport von Kalium-Ionen in die Zelle gegen die elektrochemischen Gradienten.

Hellebrin

Hellebrin konnte als Pflanzeninhaltsstoff identifiziert werden der in vitro (in Zellkulturen) das Wachstum von Krebszellen hemmt. Diese Wirkung scheint ebenfalls mit der Affinität zur Na+/K+-ATPase, genauer zum Alpha1Beta1-Komplex dieses Enzyms zusammen zu hängen. Darüber hinaus scheint Hellebrin auch Caspase-abhängige Apoptose in menschlichen T-Lymphzyten zu induzieren.

Caspasen sind wichtige Enzyme der Apoptose, dem sogenannten programmierten Zelltod. Bei schwerer Beschädigung der Zelle geben sie das Signal zum Untergang der Zelle.