Gefahr aus der Raumluft: Warum erhöhte Radonwerte ein Risiko sind

Radon (Rn) ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas, das durch den Zerfall von Uran in Böden und Gesteinen entsteht.

Wenn es zum radioaktiven Zerfall von Radon kommt, entstehen daraus kurzlebige radioaktive Isotope von Polonium, Wismut und Blei. Als Aerosole, das heißt als feinst verteilte Teilchen, lagern sich diese in der Luft an Staubpartikel an und werden so eingeatmet. Während gasförmiges Radon fast vollständig wieder ausgeatmet wird, können sich die radioaktiven Folgeprodukte an das empfindliche Lungengewebe anlagern und dort weiter zerfallen. Dabei entsteht radioaktive Alphastrahlung. Diese Strahlung kann die Zellen in der Lunge schädigen. Durch Schädigung der DNA und somit des Erbguts kann es in der Folge zu Mutationen der Zellen kommen.

Werden Radon und seine radioaktiven Folgeprodukte über einen längeren Zeitraum in erhöhtem Maße eingeatmet, steigt das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken. Studien zeigen, dass das Risiko einer Krebserkrankung linear mit langjähriger Radon-Konzentration in der Atemluft anwächst.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geht davon aus, dass etwa sechs Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs pro Jahr in Deutschland (rund 2.800 Personen) erhöhten Belastungen durch Radon in der Atemluft zugeschrieben werden können. Nach Rauchen ist Radon demnach eine der wichtigsten Ursachen für Lungenkrebs.

Regional gibt es große Unterschiede beim Vorkommen von Radon im Erdboden und damit auch bei den Radonbelastungen der Atemluft. In der Außenluft besteht aber selbst in hochbelasteten Gebieten keine Gesundheitsgefahr, da sich Radon schnell verdünnt. Radon kann jedoch über Risse im Fundament, undichte Bodenplatten, poröse Baumaterialien oder Rohrleitungen in Gebäude eindringen. Da Radon ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas ist, ist eine unbemerkte Anreicherung hoher Konzentrationen in schlecht belüfteten Innenräumen möglich.

Derzeit gilt in Deutschland der Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m³). Dieser soll gemäß Strahlenschutzgesetz „als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen zum Schutz vor Radon“ dienen. Es gibt bisher keine als sicher einzustufende Radonkonzentration und keinen Hinweis auf einen Schwellenwert, unterhalb dessen Radon mit Sicherheit kein Gesundheitsrisiko darstellt. Es wird angenommen, dass sich das Lungenkrebsrisiko bereits ab einer Strahlenbelastung von 100 Bq/m3 um etwa 16 % erhöht. Grundlage dieser Annahme sind umfangreiche wissenschaftliche Studien, die sich mit den Folgen auf die Gesundheit beruflich radonbelasteter Bergarbeiter im Uranbergbau befassen.

Eine zentrale Strategie zur Erfassung der Radonbelastung in Innenräumen ist die Messung der Radon-Konzentration, die über einfache Testkits erfolgen kann. In Regionen mit erhöhtem Risiko sollten regelmäßige Messungen und gegebenenfalls Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Da Radon unsichtbar und geruchlos ist, bleibt es oft unbemerkt, was eine präventive Kontrolle umso wichtiger macht. Weiterhin ist eine breite Aufklärung über die Risiken einer erhöhten Radonexposition essenziell, um mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen zu minimieren und die Lebensqualität in den belasteten Regionen zu verbessern.

Text: Ute Haßmann
Foto von Alpha Perspective auf Unsplash

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Radon

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft Radon als nachgewiesen krebserregend für den Menschen ein. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und die deutsche Strahlenschutz-Kommission (SSK) schließen sich dieser Bewertung an.

Rauchen und Radon

Die gesundheitlichen Risiken durch Radon werden deutlich verstärkt, wenn Personen rauchen oder früher geraucht haben. Studien zeigen, dass die kombinierte Wirkung von Radon und Tabakrauch die Wahrscheinlichkeit an Lungenkrebs zu erkranken, erheblich erhöht. Rauchen schädigt die Lunge, was das Risko einer Tumorerkrankung durch die von Radon freigesetzte Alphastrahlung erhöht.

Radon in sogenannten Heilstollen

Die Radonkonzentration in Heilstollen liegt häufig im Bereich von 20.000 bis 100.000 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m³), was deutlich höher ist als in Wohnräumen, wo die Konzentrationen in Deutschland meist bei etwa 50 bis 100 Bq/m³ liegen. Die hohen Konzentrationen resultieren aus der geologischen Lage der Stollen in radonreichen Regionen. In den geschlossenen, unterirdischen Räumen sammelt sich Radon an und verbleibt aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und Wärme länger in der Atemluft. Bekannte Heilstollen sind der Gasteiner Heilstollen in Österreich oder der Bergmannstrost Klinik - Stollen in Bad Kreuznach. Während einer typischen Heilstollen-Sitzung kann ein Patient Radondosen von 1 bis 2 Millisievert (mSv) aufnehmen, was etwa der jährlichen natürlichen Strahlenbelastung entspricht.

Studien berichten von einer Reduktion von Schmerzen und einer Verbesserung der Lebensqualität, insbesondere bei Erkrankungen wie Rheumatoider Arthritis, Morbus Bechterew oder Arthrose. Die hohe Exposition ruft jedoch mehrheitlich Bedenken hervor, da das Risiko einer Lungenkrebserkrankung langfristig die therapeutischen Effekte dominieren. Es gibt derzeit keine Studien, die dieses Expositionsszenario ausreichend untersucht haben.

Referenzwert für Radon

Das BfS hat mit 300 Bq/m³ einen Referenzwert, aber keinen Grenzwert für Radon festgelegt. Da Radon ein natürlich vorkommendes radioaktives Gas ist, lassen sich seine Quellen nicht beseitigen, und jeder Mensch ist ihm zwangsläufig ausgesetzt. Selbst bei geringen Konzentrationen besteht bereits bei langfristiger Exposition ein nachweisbares Risiko.

Würde für Radon ein Grenzwert festgelegt, müssten verpflichtende Maßnahmen zur Reduzierung der Konzentrationen in Innenräumen umgesetzt werden, etwa durch Nutzungseinschränkungen oder umfangreiche Sanierungen von Gebäuden – auch im privaten Bereich. Internationale Strahlenschutzexperten halten solche Maßnahmen nicht für verhältnismäßig. Daher wurde entschieden, für Radon einen Referenzwert festzulegen. Dieser dient als Orientierungshilfe, ab welcher Konzentration Maßnahmen empfohlen werden, aber bleibt flexibler und weniger zwingend.

Wismut Studie

Dies ist eine der größten Kohortenstudien weltweit, die die gesundheitlichen Auswirkungen beruflicher Radonexposition untersucht. In der Studie werden etwa 59.000 männliche Beschäftigte, die zwischen 1946- 1990 im Uranbergbau der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) arbeiteten, untersucht. Seit den 1990er Jahren wird die Studie vom BfS durchgeführt, um damit die Folgen der beruflichen Belastung durch Strahlung und Staub umfassend wissenschaftlich zu analysieren. Wichtige Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Risiken, die mit beruflicher Radonexposition verbunden sind, werden gewonnen.

Rn-Vorsorgegebiete

Sind Gebiete, in denen der Referenzwert von 300 Bq/m³ in der Raumluft häufig überschritten wird. Laut § 121 des Strahlenschutz-gesetzes gelten dort seit 2021 besondere Schutzanforderungen für Neubauten und Arbeitsplätze. Die Bundesländer sind für die Festlegung dieser Gebiete verantwortlich.